„Deutsch als Schulsprache“

Offener Brief an die VertreterInnen der derzeitigen Mehrheitsfraktionen ÖVP und FPÖ im oberösterreichischen Landtag.
von Mag. Elisabeth Radlmair und Mag. Michael Maurer


Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit großem Befremden lesen wir in Ihrem Arbeitsübereinkommen unter dem Thema „Integration“ von der geplanten Maßnahme „Deutsch als Schulsprache“, die sicherstellen soll, „dass nicht nur während des Unterrichts, sondern auch in den Pausen und auf dem gesamten Schulareal deutsch gesprochen wird“.
Es steht für uns außer Frage, dass Deutsch als Unterrichtssprache, als Voraussetzung für einen Bildungsweg und als Mittel der Kommunikation unumgänglich ist. Ebenso steht aber für uns außer Frage, dass Muttersprache ein Menschenrecht und Kulturgut ist - auch und gerade in der Schule! Als Lehrer und Lehrerinnen wollen wir Sprache als etwas Nützliches, Erstrebenswertes und Schönes vermitteln, aber nicht als etwas, mit dem Repression verbunden ist. Genau das wäre jedoch der Fall, wenn jedwede nicht-deutsche Muttersprache aus dem Schulleben verschwinden müsste.
Im Gegensatz zu der von Ihnen geforderten Einsprachigkeit sehen wir Mehrsprachigkeit als großen persönlichen und wirtschaftlichen Wert, der nicht unterbunden, sondern im Gegenteil gestützt und gefördert werden soll. Nicht nur sind gute Kenntnisse der Muttersprache Voraussetzung für den Erwerb jeder weiteren Sprache, Muttersprache stiftet auch Identität und vermittelt Sicherheit. Und genau das soll Kindern für einen erfolgreichen Lebensweg mitgegeben werden.
Integration ist das Zusammenwachsen unterschiedlicher Teile. Es ist eine „Bringschuld“ BEIDER Seiten, der Mehrheit, wie der Minderheit. Wir ALLE stehen vor der großen Herausforderung, angesichts der vielen Menschen aus anderen Kulturen und Sprachen, die in unser Land kommen, Integrationsleistungen zu erbringen, um unser Zusammenleben erfolgreich zu gestalten. Zur Integration gehört jedenfalls der Respekt vor den anderen, vor ihrer Person, wie auch ihrem jeweiligen kulturellen – und damit sprachlichen – Hintergrund. Sprachverbote drücken alles andere als Respekt aus.
Wir hoffen deshalb sehr, dass Sie – im Interesse eines gedeihlichen Klimas in unseren Schulen und im Interesse eines zivilisierten Ansehens unseres Landes – wieder Abstand von Ihrer im Arbeitsübereinkommen niedergeschriebenen Deutschpflicht nehmen. Jeder Versuch der Umsetzung müsste vermutlich auch mit breitem Widerstand seitens der LehrerInnenschaft rechnen.
Linz, im November 2015
Mag. Elisabeth Radlmair, BRG Linz Hamerlingstraße
Mag. Michael Maurer, BRG Linz Hamerlingstraße
im Namen weiterer 70 unterzeichneter Lehrerinnen und Lehrer

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