4-Punkte-Plan erhält Note Nicht genügend

Was passiert, wenn 80% geimpft sind, mit den restlichen 20%?  Lassen wir Durchsechung zu, auch wenn es für Kinder noch kein Impfangebot gibt?
Was passiert, wenn 80% geimpft sind, mit den restlichen 20%? Lassen wir Durchsechung zu, auch wenn es für Kinder noch kein Impfangebot gibt?

Die ÖLI-UG hat neuerlich in einer Aussendung (hier) die für Schulen und Kindergärten Verantwortlichen darauf hingewiesen, dass der 4-Punkte-Plan nicht genügt, um die nicht-impfbaren Kinder (U12) vor einer Infektion zu schützen. Zwei Drittel könnten laut Modellstudien innert drei bis vier Monaten mit Corona infiziert sein. Das Auslaufen der Sonderbetreuungszeit für Eltern erschwert die Situation zusätzlich.


Die ersten nicht-pharmazeutischen Interventionen/NPI werden überhaupt nur bei einer risikoadjustieren Inzidenz von >100 ergriffen. Diese risikoadjustierte Inzidenz gewichtet die Gesundheit Erwachsener stärker als die der Kinder. Erstere können sich impfen lassen, Letztere nicht.


Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) rechnet ab Schulbeginn mit einer deutlichen Zunahme an SARS-CoV-2-Infektionen bei Kindern. Wien erhöht deshalb die Zahl der Kinderintensivbetten und fängt an, Personal für deren Pflege zu schulen (hier). Viele Eltern wissen offenbar nicht um das Risiko für Kinder. Schließlich hieß es lange, dass Kinder und Jugendliche nicht gefährdet seien und Bildungseinrichtungen sicher: Aber 1-2% landen offenbar im Krankenhaus (hier) und ca. 6% bekommen long COVID (hier).


Abwasseranalysen vermögen uns nur einen Überblick über die Gesamtinzidenz im Bezirk zu verschaffen, zeigen aber das Infektionsgeschehen in der einzelnen Schule oder im einzelnen Kindergarten nicht an. Hier bedarf es eines sensitiven Testsystems, wie „Alles Gurgelt“ in Wien.

 

Zwei kürzlich erschienene Studien geben der ÖLI-UG aber recht: Liest man die Publikation zur „Gurgelstudie“ (hier) wird klar, dass Fensterlüftung zusammen mit den „Nasenbohrer“-Tests als NPI nicht ausreichen, um SARS-CoV-2 Infektionen zu verhindern. Darin sind sich unter anderem Michael Wagner, die Top-Virologin Dorothee von Laer, der Lungenfacharzt Bernd Lamprecht und Reinhold Kerbl und Volker Strenger von der ÖGKJ einig. In der Zusammenfassung schreiben die Autoren, dass es z.B. auch Lüftungsgeräte, also mobile Luftreiniger, braucht und sensitivere PCR-Tests. Hier meinen sie aber die Gurgeltests. Aus „Gurgeln“ wurde nun aber „Spülen“. Und das Mundspülen als Abnahmeart hat deutlich niedrigere Sensitivitätswerte, nämlich nur rund 60% (hier). Die sind nicht viel besser als die „Nasenbohrer“-Tests.

 

Und auch das Betreiben von Luftreinigern reduziert die Infektionswahrscheinlichkeit mit Fensterkippen sehr deutlich, z.B. in Verbindung mit Maske um das über 30-Fache, wie dieses Pre-print zur „SARS-CoV-2 Aerosolübertragung in Schulen“ (hier) zeigt. Mehr zu „Sinn oder Unsinn von Luftreinigern“ in der Schule kann der/die Interessierte hier nachlesen.

 

Wir halten die DERZEITIGEN SCHUTZMAßNAHMEN für NICHT GENÜGEND und fürchten, dass es zur Durchseuchung kommen wird!

 

Modellierungsstudien zeigen, dass in 3-4 Monaten mehr als zwei Drittel der unter 12-jährigen Kinder infiziert sein könnten (hier). Insofern dürfte es wieder einmal ein schwieriger Herbst für uns alle werden, insbesondere aber für die Eltern von U12-Kindern. Nicht nur, weil diese nicht impfbar sind, sondern auch, weil die Regelung zur Sonderbetreuungszeit ausgelaufen ist. Und schließlich warnen die Virologin Dorothee von Laer (hier) und der Infektiologe Herwig Kollaritsch (hier) davor, dass wir in eine massive Herbstwelle hineinlaufen, weil die momentanen Maßnahmen einfach nicht ausreichen.

 

Text von: HGr

 


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Kommentare: 6
  • #1

    Hannes (Sonntag, 29 August 2021 20:43)

    Übrigens wisst ihr (Eltern) eh alle, dass die Regelung zur Sonderbetreuungszeit bereits ausgelaufen ist. Also könnt ihr euch denken, was passiert, wenn viele Kinder in Quarantäne müssen.
    Irgendwann wird dann Kontaktnachverfolgung aufgegeben und niemand wird mehr K1-Kontakt sein. Das Virus wird dann ungehindert durch die Schulen laufen.

  • #2

    MF (Dienstag, 31 August 2021 06:44)

    Nebenfrage: Was wurde eigentlich.aus der Anzeige von fassman bei der Staatsanwaltschaft? Wäre an der Zeit wieder eine einzubringen wegen fahrlässiger gesundheitgefährdung ( Def der Gesundheisgefährdung siehe Haider et al , mitteilungen der österr Sanitätsverwaltung, 1984)

  • #3

    Hannes (Dienstag, 31 August 2021 07:37)

    ad #2: Die Anzeige wurde längere Zeit liegen gelassen. Das bmbwf hat in der Zwischenzeit auf unsere Kritik reagiert und in der Schule Schutzmaßnahmen erlassen sowie sich für die Priorisierung der Lehrkräfte für die COVID-Schutzimpfung eingesetzt.
    Nach diesen Maßnahmen hat die StA einen Anfangsverdacht als nicht ausreichend gesehen und das Verfahren eingestellt.

    JA ich denke, dass hier ein Verdacht auf fahrlässige Gesundheitsgefährdung gegeben sein könnte. Dies betrifft aber die Schüler und Schülerinnen unter 12 und nicht die Lehrkräfte. Für Letztere gibt es ja die Impfmöglichkeit, für Erstere eben nicht.

    Ung als Gesundheitsgefährdung gilt eine Einwirkung, durch die nach den Erfahrungen der med. Wissenschaft, die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite vom Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.

    Die Gesundheitsgefährdung ist also die Erwartbarkeit eines Gesundheitsschadens oder eines hohen Gesundheitsrisikos, die mit den Mitteln der wissenschaftlichen Prognose zu belegen ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann.

    Dies sehe ich durch eine COVID-Infektion bei Kindern erfüllt. Insofern müssten Eltern das ins Treffen führen. Dass wir die Schutzmaßnahmen nicht als ausreichend empfinden, haben wir ja oben begründet.

  • #4

    MF (Dienstag, 31 August 2021 10:58)

    Danke für die ausführliche Antwort, wobei ich das auch - in geringerer Wahrscheinlichkeit - für die Lehrkräfte sehe. Auch wenn der Lehrkörper für U12 durch die Impfung individuellen Schutz durch Impfung erwerben kann, ist das adjustierte Risiko höher als zB ü schulstufe 9 bei hohen Inzidenzen. Auch die Impfung bietet keinen 100% Schutz, 2,8% der kh Fälle sind vollimmunisiert. Heisst, das ist mehr als ein vernachlässigbares Restrisiko, weil die Wahrscheinlichkeit von Ansteckung unter U12 Schülern ist höher, gibt ja keine Impfung, die Tests sind zu ungenau s.o. , es gibt keine Maskenpflicht und kaum Luftreiniger. In einer ungeimpften Kohorte trifft das Virus zu 100% auf empfänglich, in weiterer Folge kommt es zur Infektion und Transmission, weil keine Maßnahmen das effektiv verhindern - die gibt es ja absurderweise bei der Gruppe Schüler die sich impfen kann. Das führt wieder dazu, dass ein u12 Lehrer ein höheres relativrs Risiko hat als Impfdurchbruch eine Infektion zu bekommen als ein ü12. Aber natürlich müssten die Eltern auf die Barrikaden, was leider mit der schwurbeligen Maskenverweiger - "Elternvertretung" nicht machbar ist.

  • #5

    Babsi (Samstag, 11 September 2021 14:29)

    MF danke für die Zusammenfassung. Könnte nicht besser sein. Wir VS Lehrerinnen werden vom System gar nicht wahrgenommen. Lg

  • #6

    Babsi (Montag, 13 September 2021 18:44)

    Wir am Land haben noch die veralteten Papiertests/Nasenbohrer-Tests zum Aufbrauchen heißt es. Die Regierung veräppelt uns seit Monaten.